Hansa Rostock: Die Angst vor den Hooligans






von Andreas Ludwig


Es ist Zeit ehrlich zu sein: Zu sich selbst und zu der Hooligan-Problematik beim FC Hansa Rostock. 

Noch nie habe ich mich wohl gefühlt im Ostsee-Stadion – weder im alten, noch im neuen. Schon immer empfand ich die Stimmung als aggressiv, die Fans als unangenehm.  Schon seit meinen Kindertagen habe ich sie gesehen. Die zurückhaltenden Typen, mit ihrer unangenehmen Mienen und verschränkten Armen. Schon immer waren sie mir unheimlich, die Hooligans des FC Hansa Rostock.

Es war ein Spiel gegen Energie Cottbus, ich saß auf der Osttribüne, Block 11. Schaute mir das langweilige Unentschieden an. Doch irgendwann blieb mein Blick im Fanblock rechts von mir hängen. Eine wirklich massive Schlägerei brach im Block los – im harten Kern der Hooligan-Szene. Großgewachsene Kerle mit Leder- und Türsteherjacken hauten mit ihren Fäusten wie wild den eigenen Stadionbesuchern ins Gesicht. Ob es sich um einen Zwist in der Hooligan-Gemeinschaft handelte oder „Normalos“ traf, kann ich heute nicht mehr sagen.

Es dauerte ein bisschen, dann rückte die Polizei mit einem großen Aufgebot in den Block ein – wie an einer Perlenkette aufgereiht drängten die ebenfalls großgewachsenen Polizeibeamten mit Schutzuniform und Helmen in den Block, hin zum Kern, wo die Schlägerei ausgebrochen war. Es wurde plötzlich ganz ruhig zwischen den Reihen.


Das Versagen der Staatsmacht

Bis dahin verlief alles so, dass ich es nachvollziehen konnte. Doch das sollte sich ändern. Eine Diskussion zwischen dem führenden Polizeibeamten und einem Hooligan brach los. Mit den Armen gestikulierend versuchten beide Seiten ihren Standpunkt klarzumachen – so sah es für mich zumindest aus. Ich fragte mich, warum sie die Schläger nicht einfach aus dem Block schleifen. Plötzlich Bewegung zwischen den Reihen. Ein Kerl, der aussah wie ein erfahrener Zuhälter, drängte sich in den Vordergrund. Er wirkte wie der Wortführer der Hooligans und schien mit dem Polizisten zu verhandeln. Es kam mir so vor, als würden Polizeibeamte und Hooligan sich gut kennen. Der Wortführer der Hooligans bestimmte den Takt. Es dauerte ein paar Minuten, dann wählte der Pressesprecher der Hooligans zwei, drei seiner Kameraden aus und schickte diese mit der Polizei raus aus dem Block. Es war beängstigend mit anzusehen, mit welcher Macht die Hooligans auf die Polizei einwirkten.


Die Angst vor den Hooligans

Was soll ein gemeiner Hansa-Fan gegen die anwachsende Schar der Schläger in seinem Block machen, wenn sogar die Staatsmacht vor ihr kapituliert?  Jeder von uns kennt einige der Chaoten. Manche von ihnen sind lustige Kerle, die zum Wochenende einfach Adrenalin suchen. Manche von ihnen sind gefährliche Menschen. Nahe an dem Milieu oder kriminellen Vereinigungen. Kein Mensch mit gesundem Verstand wird es wagen, einen der führenden Hooligans anzuzeigen. Viel zu groß ist die Angst, ihm in der Stadt über den Weg zu laufen oder eines Abends Besuch von ein dutzend Schlägern zu bekommen, die die Bude aufräumen. Das wird auch vielen Polizisten so gehen. Bestimmt haben viele von ihnen Angst vor der Macht der Hooligans, gehen daher Kompromisse ein. Die Gefahr, sich im Privatleben zu begegnen ist einfach zu hoch. Der Klub kann also nicht erwarten, dass ein Selbstreinigungsprozess der Fans das Problem lösen wird. Die angestrebte Hotline wird nicht den gewünschten Erfolg bringen. 


Hotline ist unpraktikabel

Eine Hotline, wo sich Fans melden können, ist nicht praktizierbar. Ziel muss es sein, die Hooligans vor den Richter zu zerren, je mehr, desto besser. Es wird einem bei der Hotline zwar Anonymität zugesprochen, aber diese endet spätestens im Gerichtssaal. Kein Fan wird durch eine Zeugenaussage gewissermaßen Selbstmord praktizieren. Und was soll das mit der Hotline überhaupt. Es gibt doch Kameras im Stadion. Mit dem Videobeweis kann man doch alle Gewalttäter noch im Stadion rausholen. Aber wie die Staatsmacht so was regelt, habe ich ja anfänglich beschrieben. Solange Rostocker Polizisten Rostocker Hooligans "betreuen", wird man dem Problem nur schwer Herr werden.

Geschlossene Augen auf Seiten des Vereins

Die gewaltbereite Szene in Rostock hat durch jahrelange Duldung ein Ausmaß erreicht, dass sie wie ein Tumor in der Gesellschaft gedeihen konnte. Für mich ist es unbegreiflich, wie ein Fußballverein über all die Jahre die Augen schließen konnte. Seit der Wende randalieren Rostocker Chaoten bei Auswärtsspielen, schmeißen Gegenstände und Bengalos in gegnerische Fanblöcke, suchen die Auseinandersetzung mit der Polizei und was weiß ich noch. Die gastgebenden Vereine schauen mit Abneigung auf die Rostocker Anhänger, überall wo sie auftreten, herrscht Ausnahmezustand. Die Polizei nimmt regelmäßig Hansa-Schläger fest. Die Polizei muss über die Jahre eine riesige Liste an auffälligen Personen angelegt haben.


Personalisierte Tickets 


Schon vor vielen Jahren hätte man personalisierte Eintrittskarten einführen müssen. Dies, wie vom Verein plötzlich für Auswärtsspiele eventuell angedacht, müsste schon längst für Heimspiele gelten. Außerdem können Rostocker Fans ganz normale Karten in den auswärtigen Stadien kaufen. Dann nimmt man einfach den Block neben dem Gäste-Fanblock und umgeht so die personalisierten Eintrittskarten. Das wird ja schon lange so praktiziert und würde die personalisierten Tickets zumindest bei einigen Spielen umgehen. 
Aber was für eine Logik steckt überhaupt hinter diesem Gedanken. Auswärts randalieren gehört verboten, im eigenen Stadion darf man den Gästefans aber aufs Maul hauen? Wer hat sich diesen Quatsch nur ausgedacht!?


Schließung der Südtribüne


Ich verstehe auch nicht die Schließung der Südtribüne, auf die sich die Chaoten schon vor Jahren verteilt haben. Bereits 2003 war der Block 27 in den Händen der Hooligans. Wenn dem Verein das heute erst aufgefallen ist, können ja nur Blinde den Klub geleitet haben. 
Eine Schließung der Südtribüne wird zur Folge haben, dass sich die Hools auf andere Blöcke verteilen. Vielleicht zurück zur Nordtribüne. Da werden sich die anderen Fans freuen. Gibts halt mal wieder Prügel von den eigenen Chaoten. Vielleicht ziehen die Jungs aber auch in den Familienblock um. Dann können sich die Kids anschauen, wie Hooligans aussehen. 
Ohjeee, angesichts dieses Aktionismus von Seiten des Vereins kann einem nur schlecht werden. 


Das Image der Stadt sinkt - die Politik versagt

Das Auftreten der Chaoten fällt nicht nur auf den Verein, sondern auch auf die Stadt zurück. Der Ruf der Hansestadt Rostock ist in großen Teilen der Bundesrepublik einfach katastrophal. Ich bin mir sicher, dass viel Abiturienten einen Bogen um Rostock machen – aus genau diesem Vorurteil. Seit meinem Weggang aus Rostock kämpfe ich gegen diese Sicht der Dinge an, verteidige meine Brüder und Schwestern in meiner Heimat vor meinen Kollegen, Redakteuren bei Fernsehsendern und Zeitungen. Doch ist es tatsächlich ein Vorurteil, sich Rostock so vorzustellen?

Wenn das Image der Stadt sinkt, bleiben auch Geldgeber aus. Unternehmen reißen sich nicht wirklich darum, in der Hansestadt zu investieren. Die Arbeitslosigkeit ist hoch, die Perspektiven für viele Berufsgruppen bescheiden. Kann sich die Rostocker Politik-Elite diese Fakten leisten? Anscheinend schon. Sonst hätte der Oberbürgermeister mal eine – neudeutsch geschrieben – Anti-Hooligan-Taskforce gebildet. Und das vor zehn Jahren. Ich habe zumindest nicht mitbekommen, dass die Politik irgendwann mal Druck auf den Verein oder die Polizei ausgeübt hat, um dem Problem Herr zu werden. Auch hier wurden die Augen verschlossen.

Lösungsansätze

Personalisierte Tickets, extreme Videobeobachtung, Schnellgerichtsverfahren und härtere Strafen: Gewalttäter werden extrem selten zur Kasse gebeten. Hier müssen Justiz, Polizei und Klub enger zusammenarbeiten. Einen anderen Menschen schlagen oder mit Gegenständen auf andere Fans zu werfen, ist kein kleines Vergehen. 


Videoüberwachung


Wenn man in Stadien per Videoüberwachung diese Jungs schnell rauszieht und binnen zwei Stunden in der Stadien-Zelle verknackt, hat man bald Ruhe in der Arena. Dann werden die Hools zwar vor dem Stadion aktiver werden, aber dort muss dieselbe Taktik gelten. Dafür muss der Polizei- und Ordneraufwand erhöht werden. In England hat sich diese Methode bewährt und das Hooligans-Problem eingedämmt. Hier sind der DFB, die DFL und die Politik gefragt, Geld zur Verfügung zu stellen.


Polizeikräfte-Austausch

Doch wie ich bereits erklärt habe, kann die lokale Nähe zwischen Polizei und Gewalttäter zur Unterwanderung der staatlichen Macht führen. Ein Polizei-Austausch zwischen den Städten wäre sinnvoll. Berliner Polizisten werden weitaus weniger Angst vor Racheakten der Millieu-nahen Hooligans haben als Rostocker und umgekehrt.


Stadionverbot, Null-Toleranz-Politik, Fanbetreuung

Lange Stadionverbote in Verbindung mit personalisierten Tickets könnte auf Dauer Ruhe ins Fan-Volk bringen. In England dürfen sich auffällig gewordene Fans nicht mal annähernd in die Nähe des Stadions begeben. Wer das tut und auffällig wird, muss mit harten Strafen rechnen. Bis zu 4000 Gewalttäter wurden in Großbritannien bisher ausgeschlossen.
Aber das Entscheidende: Eine Null-Toleranz-Politik der Polizei. Auswärtsfans müssen schnell und unter Polizeischutz in einem Wisch ins Stadion gebracht und wieder abgeführt werden.
Schließlich eine Ausweitung der Fanarbeit zur Koordinierung von Fanklubs gegen die Gewalttäter -  eben zur Ausgrenzung dieser – muss angestrebt werden.

Rostock hat einen ersten Schritt in die richtige Denkweise getan, doch die Ansätze sind einfach nur lächerlich. Ich kann nur hoffen, dass die Untätigkeit der Verantwortlichen in der Hansestadt nicht irgendwann einem Stadionbesucher das Leben kosten wird.  



8 Kommentare:

  1. Zwar sind bisherige lösungsansätze bisweilen an ihrer Effektivlosigkeit gescheitert, insbesondere eine Null-Toleranz-Regelung sollte nicht das Allheilmittel bedeuten. Viel zu oft hat ich gezeigt, dass Null-Toleranz Probleme eher verlagert als zu belkämpfen.

    Schon heute sind erste Tendenzen zu erkennen, die verdeutlichen, dass die Gewalt in unteren Ligen zunimmt.

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  2. super artikel.....anscheinend ist der typ in einen rosaroten karton aufgewachsen !!! schon mal mit einen Hooligan gesprochen ? mit einen Ultra ein spiel angeschaut ???? ich denke nicht...mischt euch nicht in unser leben ein!! wir lassen euch sesselfurzer ja auch in ruhe in der ecke sitzen und leise klatschen ihr stimmungskanone !!! manche menschen leben nun mal noch ihre emotionen und führen nicht das leben was ihnen andere vorschreiben wollen...also pssssssst

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  3. Hallo Herr Ludwig,
    wo leben wir denn wenn es zu einer extremen Kameraüberwachung in einem Fussballstadion kommt? Bleibt da nicht die demokratische Grundordnung auf der Strecke? und warum interessieren sich denn auf einmal soviele für ein paar Backpfeiffen im Stadion? 1994 war beim Fussball, wer sich für Fußball interesziert hat und vielleicht selbst aktiv war...Über die Jahre kamen dann immer mehr Menschen denen mittels Medien der FußballHype vermittelt wurde...Jo und nun gibts da nur noch Hoolgigans in Rostock und Leute die darüber berichten. Es gibt tolle Blogs wo die Ludwigs sich verbreiten können, damit sie mit ihrem Mist auch mal Gehör finden und und und... Vielleicht gibt es auch einfach in dieser bequemen deutschen Gesellschaftt keine wichtigeren Probleme als ein paar Bengalische Feuer und ein Paar Peinlichkeiten im und ums Stadion. Herr Ludwig wieso schreiben sie denn nicht wie Hansa-Sponsoren ihre Mitarbeiter über Jahre verarschen, vom Land Geld kassieren und kurz vor der Pleite stehen. Wieso schreiben sie nicht das die NPD wider und wider in den Landtag von MV einzeiht. Wozu dient es solchen unproduktiven, schlecht recherchierten Kram zu veröffentlichen? Wie kann mensch als "journalist", der von einer pressefreiheit lebt, fordern die bürger mehr und mehr zu überwachen, das ist doch reiner populismus um aufmerksamkeit zu erhaschen. Meinen sie nicht, daß die Probleme ganz wo anders liegen und anfangen als im Fußballstadion? herzlichst tom b.

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  4. Ich finde es wirklich schade, das manche Fußballspiele so ausarten müssen. Eigentlich soll ein Fußballspiel doch etwas schönes für alle Beteiligten sein.

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  5. Andreas Ludwig du bist der Oberjapper überhaupt hast du dich mit der Fanscene Rostock beschäftigt. Keine Ahnung ob du weist was der Unterschied zwischen Hooligan und Ultra ist und hast du schon bei den anderen Clubs die Ultrascenen angeschaut. Du bist auch einer der die BILD liest und alles glaubst was da drin steht . Vollpfosten keine Ahnung aber dat Maul aufreißen so was mögen wir in HRO überhaupt.

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  6. Ich kann es aber auch nicht verstehen, wie diese Hooligans von den Vereinen und der Polizei geduldet werden. Das Problem hat ja nicht nur Rostock. Dresden und Frankfurt hat genau das gleiche Problem!

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  7. Was für ein Vollpfosten!!
    Support your local Hooligans!

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  8. Was für ein Blödsinn, sie waren sicher nicht im Ostseestadion, das ist blanke Hetze von Ihnen.

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